Passiv

Im Deutschen gibt es 2 Genera (Handlungsarten): das Aktiv, das Passiv.

Passiv kann nur von transitiven Verben gebildet werden.

Aktiv und Passiv unterscheiden sich durch die Richtung der Handlung: in einem Aktivsatz geht die Handlung vom Subjekt aus und ist auf das Objekt gerichtet; in einem Passivsatz ist die Handlung auf das Subjekt gerichtet.

Aktiv: Herr Müller kauft das Gemüse auf dem Markt.

Passiv: Das Gemüse wird von Herrn Müller auf dem Markt gekauft.

Man unterscheidet: das Vorgangspassiv und das Stativ (das Zustandspassiv).

Das Vorgangspassiv bezeichnet den Vorgang der Handlung. z. B.: Das Haus wird gebaut.

Das Stativ bezeichnet den Zustand des Subjekts, der infolge eines Vorgangs eingetreten ist. z.B.: Das Haus ist gebaut.

Bildung des Vorgangspassivs und des Stativs

Das Vorgangspassiv wird mit dem Hilfsverb “werden” und Partizip II des Vollverbs gebildet. z.B.: Ich werde gelobt.  Der Text wurde übersetzt.

Das Zustandspassiv wird mit dem Hilfsverb “sein” und Partizip II des Vollverbs gebildet. z.B.: Das Fenster ist geöffnet.  Der Brief war geschrieben.

Konjugationsübersicht

Die Grundformen der Hilfsverben: werden – wurde – (ist) geworden; sein – war – (ist) gewesen

Zeitform

Aktiv Vorgangspassiv

Stativ

Präsens Er bezahlt die Rechnung. Die Rechnung wird (von ihm) bezahlt. Die Rechnung ist (von ihm) bezahlt.
Präteritum Er bezahlte die Rechnung. Die Rechnung wurde (von ihm) bezahlt. Die Rechnung war (von ihm) bezahlt.
Perfekt Er hat die Rechnung bezahlt. Die Rechnung ist (von ihm) bezahlt worden. Die Rechnung ist (von ihm) bezahlt gewesen.
Plusquamperfekt Er hatte die Rechnung bezahlt. Die Rechnung war (von ihm) bezahlt worden. Die Rechnung war (von ihm) bezahlt gewesen.
Futur I Er wird die Rechnung bezahlen. Die Rechnung wird (von ihm) bezahlt werden. Die Rechnung wird (von ihm) bezahlt sein.
Futur II Er wird die Rechnung bezahlt haben. Die Rechnung wird (von ihm) bezahlt worden sein. Die Rechnung wird (von ihm) bezahlt gewesen sein.

A n m e r k u n g: Das Partizip II des Hilfsverbs „werden“ hat im Passiv die Form „worden“ statt “geworden”.

Der Gebrauch des Passivs

1. In der deutschen Sprache ist das Passiv gebräuchlicher als im Ukrainischen, darum entsprechen vielen ukrainischen aktiven Sätzen passive Sätze in der deutschen Sprache. z.B.: 

Вас кличуть до телефону. – Sie werden ans Telefon verlangt.

Його поважають. – Er wird geachtet.

Мене запросили. – Ich wurde eingeladen.

З нього посміялися. – Er wurde ausgelacht.

2. Das Passiv wird sehr oft in fachwissenschaftlichen Texten gebraucht, wo das Geschehen dargestellt werden soll. Der Hand­lungsträger kann dabei unbezeichnet bleiben, weil er unbekannt ist oder keine wichtige Rolle spielt. z.B.: 

Optische Geräte werden in Jena erzeugt.

In der Ukraine werden Getreide, Rüben und Kartoffeln angebaut.

3. Im Passiv werden nur die transitiven Verben gebraucht. Dabei gibt es auch lexikalische Einschränkungen, d.h., einige Verben können passivunfähig sein, z. B.:

– Verben des Erhaltens: erhalten, bekommen, kriegen, erfahren

– Verben des Besitzens: besitzen, haben

– Verben des Verhaltens: kosten, wiegen, enthalten, zählen

– Verben des Wissens: wissen, kennen

– unpersönliche Verben: es gibt, es friert, schaudert, hungert, durstet, wundert mich.

All diese Verben bezeichnen keine aktive zielgerichtete Handlung:

passivunfähig

passivfähig

Die Stadt zählt 1 Mio Einwohner.

Der Saal fasst 1000 Menschen.  

Die Rechenmaschine zählt Daten.

Die Polizei fasste viele Demonstranten.

Wenn das Objekt einen Körperteil ausdrückt, so ist die Passivbildung kaum möglich. z.B.: Die Mutter schüttelt den Kopf.

Beachten Sie: In Fachtexten finden sich Abweichungen.

Chemie: Durch diese Reaktion werden neue Stoffe erhalten.

Sport: Das waren die besten Zeiten, die je gelaufen wurden.

Belletristik: Wer nicht will, der wird gewollt.

4. Das Passiv wird sehr oft in fachwissenschaftlichen Texten gebraucht, wo das Geschehen dargestellt werden soll. Der Hand­lungsträger kann dabei unbezeichnet bleiben, weil er unbekannt ist oder keine wichtige Rolle spielt. z.B.: 

Optische Geräte werden in Jena erzeugt.

In der Ukraine werden Getreide, Rüben und Kartoffeln angebaut.

5. Das Akkusativobjekt des Aktivsatzes wird zu einem Subjekt des Passivsatzes. Alle Angaben (z.B. Zeit-, Ortsangaben, Dativobjekt usw.), die im Aktivsatz stehen, gehören in einem Passivsatz zum Subjekt. z.B.: Man renoviert jetzt endlich die alten Häuser am Marktplatz. – Die alten Häuser am Marktplatz werden jetzt renoviert.

Aber: Nicht jeder Akkusativ im aktivischen Satz kann durch die Umwandlung ins Passiv zum Subjekt werden. Ein Akkusativ bleibt von der Passivtransformation unberührt, wenn er kein Objekt, sondern eine Adverbialbestimmung ist. 

Vergleichen Sie:

Die Bibliothekarin liest den neuen Roman. – Der neue Roman wird von der Bibliothekarin gelesen.

Der Schüler hat den ganzen Urlaub (Adverbialbestimmung der Zeit) gelesen. – Den ganzen Urlaub ist von dem Schüler gelesen worden.

6. Der Hand­lungsträger kann durch das präpositionale Objekt angegeben werden oder überhaupt unausgedrückt bleiben. Demnach unterscheidet man:

– das dreigliedrige Passiv: Das Lied wird von Kindern gesungen.

– das zweigliedrige Passiv: Das Lied wird oft gesungen.

– das eingliedrige Passiv: Es wird im Nebenzimmer oft gesungen.

Der Gebrauch des dreigliedrigen Passivs

Im dreigliedrigen Passiv wird der Charakter der Aktivität des Täters durch Präpositionalgruppen mit “von”, “durch” und „mit“ präzisiert .

Mit “von” gebraucht man:

a) Personenbezeichnungen (Einzelwesen oder Sammelwesen wie Botschaft, Gewerkschaft, Firma, Ministerium, Presse usw. mit Betonung ihrer aktiven Tätigkeit). z.B.: Er wurde vom Chefarzt selbst operiert.

b) Tierbezeichnungen. z.B.: Der Wagen wurde vom Pferd gezogen.

c) Bezeichnungen von Stimmungen, Gefühlen, die den Menschen überwältigen und als eine aktive Kraft wirken. z.B.: Sie wurde von einer tiefen Unruhe ergriffen.

d) Bezeichnungen von Naturkräften mit einer vom Menschen unabhängigen Macht (Sonne, Wind, Blitz, Lawine, Nebel), auch bei Personifizierungen. z.B.: Die Bergsteiger wurden vom Blitz getroffen. Der Mond wird von der Sonne beleuchtet. Die Tür wird vom Wind geöffnet und geschlossen.

e) Bezeichnungen von Gegenständen, wenn sie als selbständig tätige Kräfte dargestellt werden. z.B.: Der Hund wurde von einem Auto überfahren.

Beachten Sie: “von” betont die aktive zielgerichtete Rolle des Täters, “durch” – verwandelt den Täter in einen Vermittler (falls es eine Person ist) oder in ein Mittel: Er wurde von seinem Freund durch einen Boten / einen Brief benachrichtigt.

Mit “durch” gebraucht man:

a) Bezeichnungen für Erscheinungen und Nichtlebewesen, die die Ursache der Handlung angeben. z.B.: Durch die Explosion wurde großer Schaden angerichtet. Das Haus wird durch das Grundwasser zerstört. Die Natur wird durch den Müll verschmutzt.

b) Personen- und Tierbezeichnungen mit der Bedeutung der unwillkürlichen Ursache. z.B.: Er wurde durch eine Katze aus seinem Grübeln gerissen.

c) Personenbezeichnungen, falls sie als Vermittler handeln.  z.B.: Die Information wurde durch den Botschafter übermittelt. 

Die Präposition “mit” wird gebraucht, wenn der Handlungsträger einen Gegenstand, ein Werkzeug, eine Ausrüstung usw. bezeichnet. z.B.: Schlagsahne wird mit dem Mixer hochgeschlagen.

Gebrauch des zweigliedrigen Passivs

 a) Der Täter ist unbekannt, kann nicht angegeben werden. z.B.: Dieses Gebäude wurde im 17. Jh. gebaut.

b) Der Täter darf oder soll nicht genannt werden. z.B.: Ich bin heute eingeladen worden.

c) Der Täter braucht nicht genannt zu werden. z.B.: Tageszeitungen werden morgen ausgetragen.

d) Der Täter fehlt tatsächlich. z.B.: Bei der Eisenbahnkatastrophe wurden zwei Wagen beschädigt.

e) Der Täter kann dem Kontext entnommen werden. z.B.: Dieses Thema wird im Kapitel 5 erörtert. (vom Autor)

 Das eingliedrige Passiv (unpersönliches Passiv).

Subjektlose Passivsätze

1) Von den zwei Hauptgliedern des Satzes hat das eingliedrige Passiv nur das Prädikat. Im Passivsatz gebraucht man das unpersönliche Pronomen „es“. Das Pronomen „es“ kann aber nur in der Position I stehen. Wenn ein anderes Satzglied an die Stelle von „es“ in die Position I tritt, – was stilistisch besser ist, – fällt das „es“ weg.

z.B.: Es wird sonntags nicht gearbeitet. – Sonntags wird nicht gearbeitet.

2) In einem subjektlosen Passivsatz steht das Prädikat immer im Singular, auch wenn „es“ wegfällt und andere Satzglieder im Plural stehen.

z.B.: Es wurde den Dorfbewohnern nach dem Erdbeben geholfen.  – Nach dem Erdbeben wurde den Dorfbewohnern geholfen.

3) In Passivnebensätzen fällt das unpersönliche Pronomen „es“ immer weg.

z.B.: Es wird im Nebenzimmer gesungen. – Wir hören, dass im Nebenzimmer gesungen wird.

4) Die eingliedrige Passivkonstruktion ist sowohl bei transitiven als auch bei intransitiven Verben möglich, aber nur bei solchen, die eine menschliche Tätigkeit bezeichnen.

z.B.: Es wird am Wochenende länger geschlafen.

Das Stativ (Zustandspassiv)

Das Stativ drückt im Unterschied zu Vorgangspassiv keinen Prozess, keine Handlung, sondern einen Zustand als Resultat eines Prozesses aus. z. B.:

Vorgangspassiv: Das Fenster wird geöffnet. Der Brief wurde geschrieben.

Zustandspassiv: Das Fenster ist geöffnet. Der Brief war geschrieben.

Passiv mit Modalverben

1) Im Passivsatz gelten die allgemeinen Regeln zum Gebrauch der Modalverben.

Präsens Aktiv Man muss den Text schriftlich übersetzen. – Er sagt, dass man den Text schriftlich übersetzen muss.
Passiv Der Text muss schriftlich übersetzt werden. – Er sagt, dass der Text schriftlich übersetzt werden muss.
Präteritum Aktiv Man musste den Text schriftlich übersetzen. – Er sagte, dass man den Text schriftlich übersetzen musste.
Passiv Der Text musste schriftlich übersetzt werden. – Er sagte, dass der Text schriftlich übersetzt werden musste.
Perfekt Aktiv Man hat den Text schriftlich übersetzen müssen. – Er sagt, dass man den Text schriftlich hat übersetzen müssen.
Passiv Der Text hat schriftlich übersetzt werden müssen. – Er sagt, dass der Text schriftlich hat übersetzt werden müssen.

2) Anstelle des Infinitivs Aktiv steht im Passivsatz der Infinitiv Passiv:

Infinitiv Aktiv

Infinitiv Passiv

übersetzen übersetzt werden
nehmen genommen werden
verstehen verstanden werden

3) Das Modalverb „wollen“ im Aktivsatz wird zu „sollen“ im Passivsatz. z.B.:

Aktiv: Man will den Geschäftsleiter darüber informieren.

Passiv: Der Geschäftsleiter soll darüber informiert werden.

 Passiv in der Infinitivkonstruktion

1) Infinitivkonstruktionen im Passiv sind möglich, wenn das Subjekt im Hauptsatz und im dass-Satz die gleiche Person oder Sache bezeichnet. 

2) Bei Gleichzeitigkeit gebraucht man in der Infinitivkonstruktion den Infinitiv I (Infinitiv Präsens) im Passiv mit „zu“. z.B.: Sie hofft Sie hoffte, vom Bahnhof abgeholt zu werden. 

Wenn die Handlung in der Infinitivkonstruktion vor der Handlung im Hauptsatz geschieht (d.h. bei Vorzeitigkeit), gebraucht man den Infinitiv II (Infinitiv Perfekt). z.B.:  Sie bedauert es / Sie bedauerte es / Sie hat es bedauert, vom Bahnhof nicht abgeholt worden zu sein.

 Die Übersetzung des Passivs ins Ukrainische

Die Passivsätze werden ins Ukrainische auf verschiedene Weise übersetzt.

1. Durch  das Verb «бути»  und  die  kurze  Form des  Partizips. z.B.: Dieses Kleid wurde im Sommer gekauft. – Ця сукня була куплена влітку.

  1. Durch die Verben auf «ся». z.B.: Früher wurden auf  dieser Messe die Waren ausgestellt und  verkauft.  Heute  werden nur   ihre   Muster   ausgestellt.- Раніше на цьому ярмарку експонувалися й продавалися товари. Тепер експонуються тільки зразки.
  1. Durch ein Verb im Aktiv. z.B.: Dieser Schüler wird von  allen Lehrern gelobt. – Цього учня хвалять усі вчителі.

Passiv-Ersatzformen

Die Ersatzformen werden oft an Stelle des Passivs verwendet, um eine Häufung von Passivkonstruktionen zu vermeiden. Die Ersatzformen haben zwar eine passive Bedeutung, aber das Verb steht im Aktiv.

Passiv

Ersatzformen

Die Reparatur kann gemacht werden. sein + Adjektiv auf -bar: Die Reparatur ist machbar.

sich lassen + Infinitiv: Die Reparatur lässt sich machen.

sein + zu + Infinitiv: Die Reparatur ist zu machen.

Das ist eine Aufgabe, die noch gelöst werden muss. zu + Partizip I + Adjektivendung (Gerundiv): Das ist eine noch zu lösende Aufgabe